Tag 3: Zwischen den Elf Städten und dem Schwert von Grutte Pier

Wir begannen den Tag in Workum, wo die Morgensonne sanft über der Stadt lag – ein vielversprechender Start in eine lange, aber schöne Etappe von 85 Kilometern. Nach einem kräftigen Frühstück und dem Durchgehen der Route stiegen wir aufs Rad, bereit für einen Tag voller Natur, Kultur und friesischem Charme.

Die ersten Kilometer führten uns durch die wasserreiche Landschaft der Alde Brekken und der Aldegeaster Brekken – ein wunderschönes Gebiet mit offenem Wasser, Schilfgürteln und weiten Ausblicken. Hier radelten wir wirklich mitten in der Natur: Ruhe, Weite und das ständige Rufen der Wiesenvögel um uns herum. Wir nahmen uns die Zeit, kurz abzusteigen, die Aussicht zu genießen und natürlich ein paar Fotos zu machen.

Über schmale Pfade ging es weiter Richtung IJlst, bekannt für seine charakteristischen „Overtuinen“ entlang der Gracht. Hier machten wir einen kurzen Stopp, besuchten den Brunnen, holten uns einen Stempel für die Stempelkarte und fotografierten die Sägemühle und die Overtuinen – alles typisch IJlst.

Anschließend radelten wir weiter nach Bolsward, eine der größeren friesischen Elf-Städte. Auf dem gemütlichen Marktplatz genossen wir ein leckeres Mittagessen, während das lebendige Treiben im Zentrum uns neue Energie gab. Die beeindruckende Sint-Franciscus-Kirche und das schöne Rathaus boten tolle Fotomotive.

Nach Bolsward ging es weiter Richtung Harlingen, doch vorher hielten wir noch in Kimswerd an, wo ich die Geschichte von Grutte Pier erzählte, der Anfang des 16. Jahrhunderts einen Aufstand gegen die sächsischen und holländischen Besatzer begann.

Grutte Pier (eigentlich Pier Gerlofs Donia) war ein angesehener Bauer, der in Frieden sein Land bewirtschaftete, bis sein Leben eine dramatische Wendung nahm. 1515 wurde sein Bauernhof von Söldnern im Dienst der Sachsen niedergebrannt, wobei seine Frau und Kinder ums Leben kamen. Aus dieser tiefen persönlichen Tragödie erwuchs ein leidenschaftlicher Rachefeldzug. Pier schloss sich der Arumer Zwarte Hoop an, einer aufständischen Gruppe Friesen, und begann als Anführer einer Art Guerillaarmee den Kampf gegen den Feind.

Mit seiner imposanten Erscheinung (er soll über zwei Meter groß gewesen sein) und seiner rohen Kraft wurde er zu einer furchteinflößenden Figur. Angeblich konnte er ein anderthalb Meter langes Schwert mühelos führen – ein Exemplar, das heute noch im Fries Museum in Leeuwarden zu sehen ist.

Eine bekannte Geschichte erzählt, dass Grutte Pier gefangene Soldaten zwang, folgenden Satz zu sagen:
„Bûter, brea en griene tsiis: wa’t dat net sizze kin, is gjin oprjochte Fries.“
(Übersetzung: „Butter, Brot und grüner Käse: wer das nicht sagen kann, ist kein echter Friese.“)

Wer das nicht korrekt aussprechen konnte, für den war es oft das Ende. So nutzte er die Sprache als Treue-Test.

Obwohl seine Methoden brutal waren, wird Grutte Pier von vielen noch immer als Symbol friesischen Stolzes und des Widerstands gegen Unterdrückung angesehen. Es war besonders, an diesem geschichtsträchtigen Ort kurz innezuhalten.

In Harlingen rochen wir die salzige Meeresluft und erlebten die geschäftige Atmosphäre des Hafens. Danach fuhren wir weiter nach Franeker, wo das weltberühmte Eise-Eisinga-Planetarium und das Rathaus noch immer beeindrucken – auch wenn wir diesmal aus Zeitgründen nur einen kurzen Blick von außen werfen konnten.

Gegen 17:00 Uhr lagen noch etwa 20 Kilometer bis Leeuwarden vor uns. Die Beine wurden langsam müde, aber gemeinsam erreichten wir schließlich zufrieden die friesische Hauptstadt. Dort wurden wir herzlich empfangen, und das wohlverdiente Getränk schmeckte besonders gut.

Es war ein langer Tag, aber einer voller Abwechslung: Wasser, Natur, Kultur und Stadt. Friesland hat sich wieder einmal von seiner besten Seite gezeigt. Auf in den nächsten Tag!

Herzliche Grüße,
Sytze